Pilotprojekt zur Prozessoptimierung im Medikationsmanagement (ProMmt)

Im Unterschied zu den meisten bislang vorgestellten Modellprojekten zum Medikationsmanagement, die sich auf Patienten beziehen, die selbst die öffentliche Apotheke aufsuchen (können), konzentriert sich das Pilotprojekt auf ältere Patienten in Alten- und Pflegeeinrichtungen, die aufgrund eines Versorgungsvertrags gem. § 12a Apothekengesetz durch eine öffentliche Apotheke mit Arzneimitteln versorgt werden. Einerseits kann so an bestehende Strukturen des dokumentierten und organisierten Versorgungsnetzes zwischen Ärzten, Patienten, Heimträgern und Apotheken angeknüpft werden. Andererseits sollen die auftretenden Medikations- und Abstimmungsprobleme im Rahmen der Arzneimitteltherapie analysiert und strukturierte Lösungsmöglichkeiten entwickeln werden.
Auf die Einbeziehung der Pflege und der Patienten selbst wird besonderer Wert glegt, weil beide Gruppen großen Einfluss auf das Ergebnis der Medikation haben. Die Pflege hat die entsprechende Basis in ihrer Nähe zum Patienten und der damit vorhandenen Möglichkeit gesundheitliche Reaktionen bzw. Veränderungen direkt an den Arzt zu übermitteln. Die Patienten bzw. die betreuende Pflegefachkraft nehmen Einfluss über die Adhärenz. Non-Adhärenz ist eine Herausforderung für alle Leistungserbringer, führt oft zu einer Verschlechterung der Gesundheit (bis hin zu einer höheren Mortalität) und bedeutet auch deutliche Mehrausgaben im Gesundheitswesen.

Ergebnisqualität
Dienstleistungsnetze im Gesundheitswesen unterliegen besonderen Bedingungen. Die aktive Suche nach geeigneten Kooperationspartnern mit dem Ziel der Leistungssteigerung oder der Gewinnoptimierung steht nur bedingt im Vordergrund. Im Gegenteil basiert die Zusammenarbeit oftmals auf der Selektion durch den Patienten (freie Arzt- und Apothekerwahl) und weist deshalb eher eine passive Komponente auf.
So auch im vorliegenden Fall des Medikationsmanagements für Patienten in der stationären Langzeitpflege. Das Dienstleistungsnetz ergibt sich aus den jeweiligen heimversorgenden Hausärzten/ Fachärzten der Bewohner, einer oder mehrerer heimversorgenden Apotheken und den Pflegefachkräften der Einrichtung. Alle Leistungserbringer wurden in der klassischen Variante von den Patienten ausgewählt. Nicht unbedingt eine optimale Grundlage für eine ergebnisorientierte Prozessgestaltung, da die Zusammenarbeit grundsätzlich auf der freiwilligen Abstimmung der Prozessstrukturen der Einzelorganisationen basiert. Mögliche vertragliche Varianten (z.B. § 12 a ApoG Heimversorgungsvertrag und § 119 b SGB V kooperierender Hausarzt, Heimarzt) unterstützen, werden aber noch nicht flächendeckend und auch nicht auf alle Leistungserbringer bezogen eingesetzt. Mögliche und bestehende Vertragsbeziehungen sind in Abbildung 1 dargestellt. Die roten Verbindungen weisen auf Verträge hin, die entweder noch sehr selten nachgefragt werden (§ 119 b Abs. 2 SGB V) oder noch nicht entwickelt wurden (Arzt – Apotheker).

Vertragsbeziehungen 2

Abbildung 1: Vertragsbeziehungen [1]
Mit der Prozessanalyse und -restrukturierung werden zwei Ziele verfolgt. Zum einen, die Verbesserung der medizinischen Lebensqualität älterer, multimorbider Patienten durch einen praxisorientierten Ansatz zur angewandten Arzneimitteltherapie in Alten- und Pflegeinrichtungen. Zum anderen, die Steigerung der Arbeitszufriedenheit der involvierten Leistungserbringer über die Reduzierung von Schwachstellen.
Das Pilotprojekt setzt hier an. Langfristig soll der Aufbau von multiprofessionellen Versorgungsnetzen aktiv von Seiten der Leistungserbringer gedacht werden. Auch unter Beachtung der Wahlmöglichkeiten der Patienten führt dies zu einer deutlichen Steigerung der Ergebnisqualität.

Methode
Es handelt sich um ein klassisches Optimierungsprojekt in Form eines iterativen Phasenmodells.
Im Rahmen einer Ist-Analyse wird der Prozess, heruntergebrochen auf die einzelnen Tätigkeiten, in seinem gegenwärtigen Ablauf in allen beteiligten Institutionen durch Betriebsbegehungen und Interviews erhoben. Die Dokumentation in Form einer Ablaufdarstellung dient der Fakten- und Schwachstellenanalyse. Ein strukturiertes Change Management unter Einbeziehung aller Akteure zielt auf eine definierte Erprobungsphase und schließt vorerst mit einer erneuten Ist-Analyse.
Das Pilotprojekt bietet somit einen guten Ansatz, um bestehende multiprofessionelle Versorgungsnetzwerke zu analysieren und zu optimieren und kann langfristig als Modell für neu zu initiierende Netzwerke herangezogen werden.
Die Akteure stärken im Rahmen des Projektes ihre Prozess- und Kommunikations-kompetenzen, so dass mögliche weitere Spezifikationen nach Projektende auch ohne externen Berater in den interdisziplinären Prozess eingebracht werden. Laufzeit: 2015.

Projektförderer

  1. Der gemeinnützige Verein für Management und Vertragsgestaltung in der Gesundheitswirtschaft e.V. steht allen offen, die an Mangement und Vertragsgestaltung im Gesundheitswesen beteiligt oder interessiert sind und die angewandte Forschung und Lehre auf den Gebieten Management, Recht und Politik des Gesundheitswesens fördern möchten. Zweck des Vereins ist die Förderung der Wissenschaft, Forschung  und Bildung auf den Gebieten der Ökonomie, des Rechts und der Politik des öffentlichen Gesundheitswesens. Der Satzungszweck wird unter anderem verwirklicht durch
  • die Förderung des weiterbildenden Masterstudiengangs Management und Vertragsgestaltung in der Gesundheitswirtschaft der Fachhochschule Frankfurt am Main
  • die Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen und Forschungsvorhaben
  • die Vergabe von Forschungsaufträgen
  • die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse

2. Die Migasa GmbH & Co.KG, eine Kooperation unabhängiger, inhabergeführter Apotheken an über 140 Standorten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz, sieht sich als Vorreiter bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Gesundheitsangebote. Individuelle, an der Kundschaft ausgerichtete Leistungsschwerpunkte stehen im Mittelpunkt ihrer Mission. Deshalb hat sich die Migasa unter anderem der Förderung von Gesundheitsprojekten angenommen.
Migasa GmbH & Co.KG, Tecklenburger Str. 12, 49525 Lengerich

Projektteilnehmer

St. Elisabeth Pflege GmbH, Bassumer Str. 36, 49088 Osnabrück
Neumarkt Apotheke, Öwer de Hase 1, 49074 Osnabrück
Ärztehaus Meller Straße, Meller Straße 100, 49082 Osnabrück
Migasa Blisterzentrum Nordhorn, Walther Bothe Str. 8, 48529 Nordhorn

Projektleitung:
Stefanie Kortekamp M.A.
Frankfurt University of Applied Sciences, Zentrum für Gesundheitswirtschaft und –recht (ZGWR)

Literatur:

[1] Kortekamp Stefanie (2014): Medikationsmanagement als interdisziplinärer Prozess, in: Frankfurter Schriften zu Management und Vertragsgestaltung in der Gesundheitswirtschaft, Band 1, Meyer Hilko J., Kortekamp Stefanie (Hrsg.): Medikationsmanagement in stationären Pflegeeinrichtungen: Teamarbeit der Solisten, Cuvillier Verlag, S. 81

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